Schöne Bräune und UV-Schutz durch Nahrungsergänzung? Die Wirkung von Betacarotin ist nicht belegt. Vor allem für Menschen, die rauchen, besteht Gesundheitsgefahr.
Was steckt hinter der Werbung von Beta-Carotin-Kapseln?
"Natürlicher Sonnenschutz von innen", „schnelle Bräune“, „schöne gebräunte Haut“ oder „geschützt vor UV-Strahlen“ - diesen Effekt versprechen die Hersteller von Betacarotin-Kapseln. Doch die Produkte, die im stationären Handel und im Internet als Nahrungsergänzungsmittel unter Bezeichnungen wie etwa "Sonnen-Vitamine", "Hautschutzkapseln", "Magic Sun", "Bräunungskapseln" oder "Sonnen-Brause" angeboten werden, bieten keinen umfassenden Schutz vor schädlichen UV-Strahlen. Sie können das Eincremen mit einem Sonnenschutzmittel mit geeignetem Lichtschutzfaktor nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Lassen Sie sich auch nicht von angeblichen Erfahrungsberichten oder Käuferbewertungen wie "seitdem nie mehr Sonnenbrand gehabt" oder "bekomme keinen Sonnenbrand mehr" verführen.
Dass die Haut durch die Aufnahme von Betacarotin einen wirksamen natürlichen Schutzschirm gegen eine schädliche UV-Sonneneinstrahlung aufbaut, ist wissenschaftlich nicht ausreichend erwiesen. Bei den wenigen, kleinen Studien, die einen positiven Nutzen zeigen konnten, war eine mindestens 10-wöchige Einnahme von mehr als 20 Milligramm Beta-Carotin pro Tag notwendig - aus Gesundheitssicht deutlich zu viel (empfohlen max. 3,5 mg/Tag).
Nach den Erkenntnissen der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA bietet Beta-Carotin der Haut keinen Schutz vor UV-Strahlung/Sonne. Die EFSA hat deshalb den Hersteller-Antrag, mit Sonnenschutz-Argumenten (Health Claim) werben zu dürfen, als wissenschaftlich nicht begründet bewertet. Die EU hat den Antrag daher abgelehnt.
Auch mit einer Kombination aus den Carotinoiden Lykopin und Lutein sowie Vitamin E und Selen stellte sich der verheißene Erfolg nicht ein. Die EFSA konnte weder eine bessere Verträglichkeit der Haut gegenüber Sonneneinstrahlung, noch eine Aktivierung des Bräunungsvorgangs erkennen. Die EU hat deshalb auch diese Anträge abgelehnt, eine Werbung mit „Sonnenschutz“ ist für diese Wirkstoff-Kombination ebenfalls verboten. Vermehrt wird inzwischen auch der orangefarbene Algenfarbstoff Astaxanthin eingesetzt - aber auch für diesen Stoff konnte laut EFSA kein Nachweis für einen UV-Schutz der Haut erbracht werden.
Der häufig stattdessen angepriesene "Hautschutz" beruht auf zugelassenen gesundheitsbezogenen Aussagen z.B. für den zugesetzten Mineralstoff Zink. Diesen lauten offiziell "Zink trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen" sowie "Zink trägt zur Erhaltung normaler Haut bei". Mit einem Schutz vor Sonnenbrand hat das allerdings nichts zu tun.
Andere Produkte werden dafür mit Kupfer (schützt Zellen vor oxidativem Stress), Selen, Pantothensäure oder Biotin angereichert.
Was mit Carotin-Kapseln (oder reichlich Möhrensaft) gelingen kann, ist dem Teint eine orange-bräunliche Färbung zu verpassen, ein bisschen so, wie man es von "Möhren-Babys" kennt. Daher wird Betacarotin auch in einigen kosmetischen Sonnencremes und -lotionen eingesetzt.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von Betacarotin achten?
Bei Sonnenhunger sollten Sie vor dem Griff zu Betacarotin-Produkten folgende Hinweise beachten:
- Versorgung fast zu hoch: Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung aus 2021 ist die Versorgungslage mit zugesetztem Betacarotin aufgrund der Vielzahl angereicherter Lebensmittel recht hoch, so dass eine maximale Tagesdosis von 3,5 mg/Tag in Nahrungsergänzungsmitteln empfohlen wird. Feste mit Betacarotin angereicherte Lebensmittel sollten nicht mehr als 1,7 mg/100 g enthalten, für Getränke empfiehlt das BfR eine Höchstmenge von 0,45 mg isoliertem Betacarotin pro 100 Milliliter (egal ob natürlich oder synthetisch). Zu den mit Betacarotin (Pro-Vitamin A, E 160) angereicherten oder gefärbten Lebensmitteln zählen vor allem Getränke, Süßwaren, Eiscreme, Milchprodukte und Frühstückscerealien). Eine tägliche Gesamtaufnahme von bis zu 15 mg Betacarotin aus allen Quellen (natürlich aus Lebensmitteln, mit Farbstoffen und Zusatzstoffen z.B. Antioxidantien, aus Nahrungsergänzungsmitteln) gilt für alle als sicher.
- Für Nahrungsergänzungsmittel wird vom Bundesinstitut für Risikobewertung eine Tageshöchstmenge von 3,5 mg empfohlen.
- Natürlich vorhandenes Betacarotin in Möhren, Paprika oder Aprikosen (s. Kasten) ist kein Problem.
- Geringer Sonnenschutz: Betacarotin Produkte können das Eincremen mit einem Sonnenschutzmittel mit geeignetem Lichtschutzfaktor nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen.
- Schädlich für Rauchende: In Studien wurde bei rauchenden Personen im Zusammenhang mit der Einnahme von Betacarotin ein Anstieg der Lungenkrebsrate sowie erhöhte Risiken bei bestehender Herz-Kreislauf-Problematik festgestellt. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde geht aber davon aus, dass bis zu 15 mg Betacarotin pro Tag (zugesetzt aus Nahrungsergänzung plus Anreicherung plus Farbstoff) auch für stark Rauchende sicher sind. Ob eine erhöhte Zufuhr auch für Nichtraucher:innen oder andere mögliche Risikogruppen, wie zum Beispiel Asthmatiker, ein Risiko darstellt, ist bislang nicht ausreichend erforscht. Betacarotin haltige Lebensmittel (s. roten Kasten) gelten weiterhin für alle als unbedenklich.
- Fehlende Warnhinweise: Nahrungsergänzungsmittelhersteller hatten sich bereits 2001 verpflichtet, Rauchende ab einer Tagesdosis von mehr als 4,8 mg Betacarotin auf ihren Produkten deutlich vor einer Einnahme zu warnen. Klare Warnungen wie "Nicht für Raucher und zur langfristigen Einnahme gedacht" fehlen auch 20 Jahre später entweder ganz oder klingen eher weich gespült „starke Raucher sollten hohe Mengen meiden“. Ebenso weisen längst nicht alle Hersteller auf den Verpackungen auf die Notwendigkeit hin, zusätzlich zu den Beta-Carotin-Kapseln noch eine Sonnencreme zu verwenden.