Leitzins: Was bedeutet eine Änderung?

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Infolge der hohen Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen im Zeitraum von Juli 2022 bis September 2023 mehrmals angehoben. In der Folge ging die Inflation wieder zurück. 2024 folgten erste Leitzinssenkungen. Was ist der Leitzins und was bedeutet das für Verbraucher:innen?
Das Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) sinken wieder.
  • Der wichtigste Leitzins der EZB liegt bei 3,4 Prozent. Der Zins, zu dem Banken Geld bei der EZB anlegen können, liegt im Oktober 2024 bei 3,25 Prozent.
  • Es dauert in der Regel ein paar Monate, bis die Zinsänderung wirkt.
  • Kaum eine Branche ist so vom Zinsniveau abhängig wie die Immobilienbranche.
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Vor der Zinswende, die am 21. Juli 2022 mit der ersten Erhöhung beschlossen und bis zur ersten Senkung 2024 fortgeführt wurde, lagen die Zinsen jahrelang bei null oder nur minimal darüber. Seit dem 23. Oktober 2023 liegt der Leitzins der EZB bei 3,4 Prozent. Er wird fällig, wenn sich Banken Geld von der Zentralbank beschaffen. Möchten Kreditunternehmen ihr Geld bei der EZB parken, bekommen sie jetzt 3,25 Prozent Zinsen. Für Verbraucher:innen bedeuteten die Zinssenkungen 2024 sinkende Zinsen fürs Sparen oder Finanzieren.

Was ist der Leitzins?

Auch wenn es mit dem Hauptrefinanzierungssatz von aktuell 3,4 Prozent, dem Spitzenrefinanzierungssatz von derzeit 3,65 Prozent und der Einlagefazilität von 3,25 Prozent eigentlich drei Leitzinssätze gibt, spricht man der Einfachhalt halber nur vom Leitzins. Gemeint ist meist der Hauptrefinanzierungssatz. Dieser legt fest, zu welchem Zinssatz Kreditinstitute bei der Zentralbank Geld leihen können.

Die Europäische Zentralbank soll mit ihrer Zinspolitik vorrangig das Ziel der Preisniveaustabilität verfolgen. Da sich Preise in einer Marktwirtschaft jedoch auf Basis von Angebot und Nachfrage bilden und nicht von einer staatlichen Behörde festgelegt werden, kann die EZB nur indirekt durch den Zins Angebot und Nachfrage und somit die Preisentwicklung beeinflussen.

Da Geschäftsbanken aber auf der Grundlage der Leitzinsen arbeiten, hat die EZB dennoch großen Einfluss auf die allgemeine Zinsentwicklung. Schon Äußerungen der EZB, dass sie in Zukunft die Zinsen weiter erhöhen oder senken wird, führen dazu, dass die Zinsen bei Banken bereits steigen oder sinken, bevor die Erhöhung beschlossen wird.

Mit dem Zusammenschluss zum Euroraum wurde die EZB zur Zentralbank der Mitgliedsländer. Viele Kompetenzen der nationalen Zentralbanken gingen an die EZB. Dabei ist die EZB weisungsunabhängig, also nicht durch die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union kontrolliert.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung der EZB auf mich?

Bauzinsen

Die Höhe der monatlichen Rate bei Immobilienfinanzierungen hängt erheblich vom Zinsniveau ab. Die Bauzinsen sind bereits in den letzten Jahren kräftig gestiegen und hatten sich alleine im Jahr 2022 von knapp 1 Prozent auf etwa 4 Prozent erhöht. Inzwischen liegen sie wieder unter 3 Prozent.

Betroffen von den Zinsänderungen sind nicht nur Menschen, die sich ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen. Auch Kund:innen, die bereits aufgenommene Darlehen umschulden müssen oder bei denen nach dem Ende der Zinsbindung eine Anschlussfinanzierung ansteht, merken die Auswirkungen auf die monatliche Rate der Immobilienfinanzierung.

Wenn Sie noch vor dem Immobilienerwerb stehen, ist nun eine sorgsame Planung umso wichtiger. Hier finden Sie unseren Text zum Thema, wie Sie berechnen können, welche Kreditsumme Sie sich leisten können.

Sparen

Bei steigenden Zinsen werden neu angelegte Zinsanlagen wie Tagesgeld, Festgeld oder Sparbriefe tendenziell rentabler. Vor den im Jahr 2022 begonnenen Zinserhöhungen lagen die Zinsen jahrelang bei null oder nur minimal darüber. Das niedrige Zinsniveau der vergangenen 10 Jahre war insgesamt vorteilhaft für Kreditnehmer und nachteilig für Sparer.

Besonders ärgerlich in der aktuellen Lage: Kreditinstitute geben Zinserhöhungen im Kreditgeschäft umgehend weiter, während sie die Einlagenzinsen nicht oder nur ganz langsam erhöhen. Bei Zinssenkungen droht die umgekehrte Gefahr: Bei den Einlagenzinsen werden sie schnell weitergegeben, während die Anpassung im Kreditgeschäft langsam erfolgt. 

Sie können natürlich die Bank wechseln, aber ebenso ist es Ihr gutes Recht, sich Ihrem Unmut über eine solche Geschäftspolitik Luft zu verschaffen, indem Sie sich bei der Geschäftsführung und ihren Kontroll-Organen - die Verwaltungsräte der Sparkassen finden Sie im jeweiligen Jahresbericht - darüber beschweren. Bei Spareinlagen können Sie mit dem Zins für Dreimonatsgeld argumentieren, der derzeit immerhin bei knapp 3,4 Prozentpunkten liegt. Aktuelle Werte finden Sie bei der Bundesbank.

Derzeit liegen die Zinssätze in vielen Fällen wieder oberhalb der Inflationsrate, die in letzter Zeit deutlich gesunken ist. Das bedeutet, dass die Anlage in sichere Zinspapiere meistens nicht mehr mit einem Kaufkraftverlust verbunden ist. Das angelegte Geld vermehrt sich also nicht mehr nur auf dem Papier, sondern auch real. 

Solche sicheren Anlagen können bedarfsgerecht sein und damit Teil der Streuung im eigenen Portfolio sein. Bevor Sie Geld anlegen: Lesen Sie hier das kleine Einmaleins der Geldanlage.

Aktienmarkt

Oft wird behauptet, Zinserhöhungen seien Gift für die Aktienmärkte, während Zinssenkungen sie beflügeln. Die Aussage ist aber in dieser Absolutheit nicht richtig. Es gibt keinen festen immer gültigen Zusammenhang zwischen Zinsentwicklung und Aktienkursen. In der Vergangenheit sind die Aktienmärkte auch schon auf breiter Front gestiegen, trotz steigender Zinsen. Ebenso verhält es sich beim bedeutendsten deutschen Aktienindex, dem DAX.

Lassen Sie sich vom kurzfristigen Auf und Ab an der Börse oder vermeintlichen Prognosen von Expert:innen nicht irritieren. Denn für Aktien und Aktienfonds sollte man sowieso einen langfristigen Anlagehorizont haben. Was wichtig ist für eine erfolgreiche Anlagestrategie in Aktien, lesen Sie hier.

Wieso wurde der Leitzins 2022 und 2023 erhöht?

Die EZB wollte so die Inflation bekämpfen. Vereinfacht gesprochen geht das so:

Wenn Zinsen steigen, werden Kredite teurer. Unternehmen investieren weniger und Verbraucher:innen kaufen weniger ein. Wenn die Habenzinsen steigen, sparen sie auch wieder mehr. In der Folge geht die Nachfrage zurück, was zu sinkenden Preisen oder zumindest zu weniger stark steigenden Preisen führt.

Im Juni 2023 lag die Inflation in Deutschland noch bei 6,4 Prozent. Das bedeutet, dass das Preisniveau im Vergleich zu Juni 2022 um 6,4 Prozent gestiegen ist. Inzwischen sind die Zeiten hoher Inflationsraten aber – zumindest erst einmal – wieder vorbei. Im September 2024 lag die Inflationsrate nur noch bei voraussichtlich 1,6 Prozent


Beispiel dafür, wie Inflation wirkt:
Falls eine Ware im Juni 2021 noch 1.000 Euro gekostet hat, hätte man also ein Jahr später bei einer damaligen Inflation von 7,6 Prozent 1.076 Euro bezahlen müssen. Im April 2023 wären es mit einer Inflation von 6,4 Prozent schon 1.144,86 Euro. In der Gesamtbetrachtung entspricht dies einer durchschnittlichen Inflationsrate von ziemlich genau 7 Prozent. Das Ergebnis von 1.144,86 Euro entspricht somit in etwa der Summe der beiden einzelnen Inflationsraten, also 7,6 plus 6,4 gleich 14 Prozent.


Was hat der Leitzins mit Inflation zu tun?

Steigt das Preisniveau von Waren und Dienstleistungen allgemein, und nicht nur die Preise einzelner Produkte, wie zum Beispiel Energie und Lebensmittel, so bezeichnet man dies als Inflation. Gemessen wird die Inflation in einem bestimmten Zeitraum, oft im Vergleich mit den Preisen aus dem Vorjahr. Man nennt Inflation auch Teuerung oder Preissteigerungsrate. Entsprechend spiegelt Inflation die Abnahme der Kaufkraft wieder und somit den realen Wertverlust des Geldes.

Die Zentralbank versucht durch die Anpassung des Leitzinses indirekt Einfluss auf die Preise zu nehmen. Ein Anstieg des Leitzinses soll auch dazu führen, dass die Güternachfrage sinkt. Denn: Erhöht sich die Nachfrage bei gleichem oder abnehmendem Güterangebot, steigen die Preise. Das erleben Verbraucher:innen unter anderem am Preis für Gas und Lebensmittel – besonders seit Beginn des Ukrainekriegs und der Energiekrise.

Höhere Zinsen sollen dazu beitragen, Preise zu stabilisieren. Denn in der Theorie streichen Unternehmen Investitionsvorhaben, wenn Kredite teurer werden. Haushalte reduzieren den Konsum und sparen mehr. Angebot und Nachfrage ändern sich und ergeben einen neuen, in dem Fall niedrigeren Preis. Es dauert allerdings in der Regel ein paar Monate, bis die Zinserhöhung wirkt. Für die Wirkung ist auch entscheidend, ob weitere Schritte folgen werden.

Umgekehrt bei einer Zinssenkung: Eine Senkung des Leitzinses soll dazu führen, dass die Güternachfrage steigt. Denn Sparen lohnt sich weniger als vorher. Außerdem können sich Banken günstiger refinanzieren und daher ihren Kund:innen Kredite günstiger zur Verfügung stellen. 

Auch Unternehmen bekommen Kredite preiswerter und können wieder einfacher investieren. Die Kombination von Verbrauchern, die wieder mehr Geld ausgeben und Unternehmen, die verstärkt investieren soll nicht zuletzt auch die Wirtschaft ankurbeln.

Stapel mehrerer Euromünzen

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