Diese "Siegel" können in die Irre führen
Gerade im Bereich der Sport-Nahrungsergänzungsmittel liest man auf vielen Internetseiten Aussagen oder sieht "Siegel" wie "dopingfrei", "drug free" und/oder „regelmäßige Testung“, aber auch „geprüft“, „zertifiziert“ oder "höchste Qualitätsstandards". Solche Aussagen sollen Vertrauen und Sicherheit schaffen, bedeuten zunächst einmal aber gar nichts. Wichtig ist nämlich, wer, worauf wie häufig getestet hat und was die Ergebnisse waren - und das sollte klar ersichtlich sein. Häufig werden lediglich Prüfprotokolle eingestellt, die zeigen, dass sich Schwermetalle, Pestizide und die Keimbelastung unterhalb der gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen befinden. Das ist zwar auch wichtig, gehört aber zur normalen Qualitätskontrolle eines Unternehmens. Gleiches gilt für das GMP-Zeichen (Good Manufacturing Process), welches für Qualitätsmanagement in der Produktion steht. Der DIN-Standard UNE-EN 17444 "Norm Doping prevention in sport - Good development and manufacturing practices aimed at preventing the presence of prohibited substances in food intended for sportspeople and food supplements", ist ebenfalls eine Norm für Qualitätsmanagement.
Auch eine Aussage wie "WADA-konform" hilft nicht weiter. Zum einen sollte das im Sport-Bereich eigentlich selbstverständlich sein. Zum anderen stellt sich die Frage, auf welches Jahr sich das denn bezieht. Die WADA- bzw. NADA-Verbotslisten werden jährlich aktualisiert, Produktverpackungen aber nicht und die Produktzusammensetzung schon gar nicht. Übrigens: Weder World Anti Doping Agency (WADA) noch Nationale Anti Doping Agentur (NADA) prüfen Nahrungsergänzungsmittel oder vergeben Prüfzertifikate oder Gütesiegel! Es gibt auch keine Listen von WADA oder NADA mit Produktnamen. Firmen, die das von Ihren Produkten behaupten, betreiben irreführende Werbung. Sie können das Ihrer örtlichen Lebensmittelüberwachung oder den Verbraucherzentralen melden.
Unter Umständen kann auch der direkte Hinweis auf die Internetseiten von WADA oder NADA (z.B. auf deren URL) auf einem Produkt oder einer Produkt-Website im Zusammenhang mit dem Anti-Doping-Prüfzeichen eines Zertifizierers schon irreführend sein, wenn dadurch der Anschein erweckt wird, dass es sich um Prüfungen durch WADA oder NADA handelt. Nicht bei allen Zertifizierern gibt es begleitende Laboruntersuchungen, häufig handelt es sich nur um Label-Prüfungen. Laboruntersuchungen gibt es derzeit wohl nur bei NSF’s Certified for Sport® (USA), Informed Sports (Großbritannien) und der Kölner Liste® (EU).
Achtung: Werden nicht-EU-konforme Nahrungsergänzungsmittel importiert, können diese vom Zoll als nicht verkehrsfähig oder auch als nicht zugelassene Arzneimittel eingestuft und beschlagnahmt werden.
Wenn es sein muss: Arzneimittel
Wenn wirklich Vitamin- oder Mineralstoff-Mangelerscheinungen vorliegen, rät die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) allen Sporttreibenden, nur ärztlich verordnete Arzneimittel einzunehmen. Diese unterliegen im Gegensatz zu Nahrungsergänzungsmitteln strengen Kontrollen und Auflagen; so müssen zum Beispiel ausnahmslos alle Inhaltsstoffe in der Packungsbeilage aufgeführt sein, und es muss auf alle möglichen Nebenwirkungen hingewiesen werden. In der ärztlichen Beratung wird auch festgelegt, wie das Medikament eingenommen werden muss, um eine Überdosierung zu vermeiden.
Weil Nahrungsergänzungsmittel im Sport ein aktuelles und viel diskutiertes Thema sind, hat die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) einen Film zum Umgang mit diesen Substanzen erstellt.
Übrigens: Nahrungsergänzungsmittel im Sport gelten als Einstieg ins Doping. Nach dem Motto "Für jedes Problem gibt es ein Mittel" fördern sie die sogenannte "Dopingmentalität".
Weiterführende Informationen zum Thema:
Stiftung Nationale Anti-Doping Agentur Deutschland
Initiative ALLES GEBEN, NICHTS NEHMEN
Deutsche Sporthochschule Köln: Doping-Lexikon
Quellen:
Thevis M (2016): Unsaubere Pillen / Dirty Pills. Aktuelle Ernährungsmedizin 41(S 01): 19-S21
DFG Senate Commission on Food Safety SKLM: Kurzmitteilung: Zusatz von pharmakologisch aktiven Substanzen zu Produkten, die als Nahrungsergänzungsmittel und Lifestyle-Lebensmittel vermarktet werden, Endfassung vom 30.01.2015
Klein F (2019): Doping: Sind Nahrungsergänzungsmittel der Einstieg? Bericht vom 20. Interdisziplinären Kongress für Suchtmedizin. Medical Tribune, 13.10.2019 (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
DOSB: Nahrungsergänzungsmittel, Juni 2014 (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
NADA: Dopingfalle Nahrungsergänzungsmittel (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
WADA: Welt Anti-Doping Code Internationaler Standard Verbotsliste 2025 (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
Kölner Liste ®. Mehr Sicherheit durch getestete Produkte (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
Olympiastützpunkt Rheinland: Die Kölner Liste: Produktdatenbank (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
NADA: Gemeinsam gegen Doping: Nahrungsergänzungsmittel (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
NADA: Doping-Prävention im Sport (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
BVL (2021): Gesundheitsrisiken bei Sportlernahrung. Sog. Pre-Workout-Booster und andere „Wundermittel“ enthalten oft gesundheitsgefährdende Stoffe. Stand: 02.12.2021 (zuletzt abgerufen am 04.12.2024)
Cohen PA et al. (2023): Presence and Quantity of Botanical Ingredients With Purported Performance-Enhancing Properties in Sports Supplements. JAMA Netw Open 6 (7): e2323879