Die ersten Zulassungen eines Impfstoffes gegen Covid-19 sind inzwischen in den USA, Großbritannien, Europa und einigen anderen Ländern erfolgt. In Deutschland startet ab 27. Dezember 2020 das Impfverfahren. Außerdem hat das Bundesforschungsministerium ein weiteres Förderprogramm zur Erforschung von Medikamenten gegen COVID-19 angekündigt.
Bevor Arzneimittel zugelassen werden, muss ihre Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Studien nachgewiesen werden.
Was sind klinische Studien?
In klinischen Studien soll nach wissenschaftlichen Kriterien geprüft werden, ob eine neue Behandlungsmethode oder ein neues Medikament dem bisherigen Behandlungsstandard bzw. der Gabe eines Scheinpräparates, einem so genannten Placebo, überlegen ist.
In jedem Fall gehen der Anwendung neuer Arzneimittel oder neuer medizinischer Behandlungs- und Untersuchungsverfahren am Menschen weit reichende Tier- sowie Zellversuche voraus. Sind diese Versuche mit Erfolg verlaufen, wird die neue Methode in klinischen Studien am Menschen getestet. Deren Teilnehmer werden häufig als Probanden bzw. Testpersonen bezeichnet. Aus diesem Grund dauert die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Corona eine gewisse Zeit, um die Wirksamkeit und Sicherheit des Stoffes auch sicherzustellen. Allerdings ist im Falle eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 die Entwicklung sehr schnell und auch bereits in einer frühen Phase in Abstimmung mit den Zulassungsbehörden erfolgt. Während die klinischen Phasen üblicherweise mehrere Jahre in Anspruch nehmen, dauert im Falle von Corona die die Entwicklung eines Impfstoffes bei den ersten Unternehmen knapp ein Jahr.
Die Art und Weise, wie eine klinische Studie durchgeführt wird (das so genannte Studiendesign), entscheidet über die Qualität der Ergebnisse.
Höchste Aussagekraft haben Studien, die
- placebokontrolliert (Vergleich zwischen Wirkstoff und Scheinmedikament),
- doppelblind (weder Arzt noch Proband wissen, welcher Teilnehmer Placebo oder Wirksubstanz erhält) und
- randomisiert (Zuordnung der zu vergleichenden Therapieformen nach dem Zufallsprinzip)
durchgeführt werden.

Was geschieht mit den Daten aus klinischen Studien?
Nach Durchführung der Phase-III-Studien werden die erzielten Ergebnisse vom jeweiligen Arzneimittelhersteller genutzt, um die Zulassung für das Medikament zu beantragen. Denn bevor ein Medikament vom Arzt verschrieben werden kann bzw. in der Apotheke erhältlich ist, muss es amtlich zugelassen werden. Die Ergebnisse aus den klinischen Prüfungen werden dazu durch die Zulassungsbehörden geprüft.
Zulassungsbehörden sind
- das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
- das Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (PEI) und
- in Europa die Europäische Arzneimittelagentur (EMA European Medicines Agency)
Wie bei jeder anderen Behandlung legt der Arzt Dokumente an, die Angaben über die Erkrankung, die Behandlungsmaßnahmen und die Untersuchungsergebnisse enthalten. Anders als sonst, ist es bei einer Studie nötig, dass ein Teil der Daten weitergegeben wird. Diese Weitergabe erfolgt allerdings verschlüsselt und nur wenige
Institutionen wie die Auftraggeber von klinischen Studien, die zuständige Überwachungsbehörde und die zuständige Bundesbehörde, die die Studie genehmigt hat, dürfen diese Daten einsehen. Mit der Weitergabe ihrer Daten im genannten Rahmen müssen sich die Testpersonen vor der Teilnahme an der Studie einverstanden erklären. Die Daten werden auch dann weitergenutzt, wenn jemand die Studie vorzeitig abbricht.
Für die Aufbewahrung der Daten gelten die aktuellen Bestimmungen des Datenschutzes. In der Regel werden sie mindestens zehn Jahre aufbewahrt. Alle an der Studie beteiligten Personen unterliegen - wie behandelnde Ärzte und Pflegekräfte - der Schweigepflicht und dürfen Ihre Daten nicht an unbeteiligte Dritte wiedergeben.
Welche Vor- bzw. Nachteile hat die Teilnahme an klinischen Studien?
Für teilnehmende Patienten besteht die Möglichkeit, ein bisher noch nicht allgemein zugängliches Behandlungsverfahren zu erhalten. Darüber hinaus steht durch die Teilnahme eine besondere qualitätsgesicherte ärztliche Überwachung und intensive Betreuung zur Verfügung. Zudem erhalten Teilnehmer - je nach Studie - oft auch eine finanzielle Aufwandsentschädigung, die sich am zeitlichen Aufwand orientiert.
Neben den genannten Vorteilen können neue Behandlungsverfahren allerdings auch bisher nicht bekannte Gefahren aufweisen:
- Neue Methoden können eventuell weniger wirksam als bisherige Verfahren oder sogar schädlich sein.
- Patienten, die der Kontrollgruppe zugeteilt werden, erhalten ein herkömmliches Medikament oder ein Scheinpräparat.
- Außerdem kann die enge ärztliche Überwachung individuell eine hohe Belastung darstellen und mit Einschränkungen verbunden sein. Dazu zählen zum Beispiel konkrete Termine oder Dokumentationspflichten. Eventuell müssen Verhaltensweisen beachtet oder sonstige ärztliche Behandlungen mit den Studienärzten abgestimmt werden.
Keinesfalls sollten Sie an mehreren Studien gleichzeitig teilnehmen, da dies das gesundheitliche Risiko unberechenbar macht. Obwohl es auch gesetzlich verboten ist, gibt es immer wieder Personen, die aus finanziellen Gründen ein derartiges hohes gesundheitliches Risiko eingehen.
Wie wird die Qualität der Studien gesichert?
Es existieren strenge gesetzliche Vorschriften zur Durchführung von klinischen Studien, um das vorhandene Risiko für die Studienteilnehmer einzugrenzen. Die Rechtsgrundlagen zur Durchführung einer klinischen Prüfung sind in Deutschland u. a. im Arzneimittelgesetz geregelt.
Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, jeden Versuchsteilnehmer ausführlich über den möglichen Nutzen und alle Risiken aufzuklären. Wichtige Informationen zur Studie bekommen Probanden auch schriftlich. Sie müssen zudem genau festgelegte Voraussetzungen erfüllen, um in eine Studie aufgenommen werden zu können. Diese können beispielsweise ein bestimmtes Alter oder Krankheitsstadium oder bereits durchgeführte Behandlungen sein.
Vor der Entscheidung über eine Teilnahme sollte immer mit dem behandelnden Arzt Rücksprache gehalten werden. Die Einwilligung des Probanden zur Teilnahme muss vorab schriftlich erfolgen. Sie kann jedoch jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Nachteile widerrufen werden. Für die Studienteilnehmer muss grundsätzlich eine
Versicherung abgeschlossen werden, die das Risiko eines eventuellen Gesundheitsschadens finanziell abdeckt. Sollten Sie Interesse an der Teilnahme an einer klinischen Studie haben, sollten Sie vorher genau prüfen, ob eine solche Absicherung besteht. Wenn nicht, sollten Sie keinesfalls zustimmen.
Eine Studie darf nur durchgeführt werden, wenn das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für Studien mit Blutprodukten, Impfstoffen und Antikörperpräparaten diese genehmigt hat.
Zusätzlich wägt eine Ethik-Kommission sorgfältig den Nutzen und die Risiken der Studienteilnahme nach ethischen, medizinischen und juristischen Kriterien ab. Sie gibt ihre Zustimmung zur Durchführung der Studie nur, wenn sie keine Bedenken hat.