Prämiensparverträge gekündigt und falsch verzinst: häufige Fragen

Stand:
Zahlreiche Sparkassen haben Prämiensparverträge gekündigt, die Kunden seit den 1990-er Jahren abgeschlossen hatten. Sie bieten aus heutiger Sicht attraktive Zinsen/Prämien. Es geht allein in Bayern um mehr als 100.000 Verträge.
Kleine Euro-Scheine und Münzen liegen aufeinander

Das Wichtigste in Kürze:

  • Wenn Ihnen Ihre Sparkasse kündigt, sollten Sie sich wehren. Wir zeigen, wie das geht, und schätzen die rechtlichen Erfolgsaussichten ein.
  • Auch die Zinsen und Prämien, die die Sparkassen in den vergangenen Jahren gezahlt haben, bewegen viele Sparer. In nahezu allen älteren Sparverträgen der Sparkassen fehlt eine wirksame Zinsanpassungsklausel. Die Banken haben die Zinsanpassung nach eigenem Gutdünken durchgeführt. Wer einen solchen Vertrag hat, sollte von der Sparkasse eine Zinsnachberechnung und Nachzahlung verlangen. Oft geht es um Tausende Euro, die Sparern noch zustehen.
  • Wichtige Rechtsfragen sind noch im Detail ungeklärt und Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren. Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6.10.2021, Az. XI ZR 234/20 im Rahmen der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Leipzig hat wesentliche Punkte im Sinne der Verbraucher gebracht.
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Uns erreichen viele Fragen zu gekündigten und falsch verzinsten Sparverträgen. Vor allem geht es darum, was die nächsten Schritte sind. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst:

Thema Zinsanpassung


Wie kann ich herausfinden, ob ich von der Thematik betroffen bin?

Lesen Sie dazu den Artikel auf unserer Homepage.


Wie kann ich an die Bank mit diesem Thema herantreten?

Sie könnten zuerst einmal mit unserem Musterbrief bei der Sparkasse abfragen, nach welchen Kriterien diese die Zinsanpassung vorgenommen hat, eine Auflistung der konkreten Zinssätze zu Ihrem Vertrag fordern und die Sparkasse zu einer Zinsnachberechnung auffordern.


Ich verstehe die Antwort der Sparkasse auf den Musterbrief nicht. Was soll ich davon halten?

Meistens teilt die Sparkasse als Antwort den oder die Referenzzinssätze mit, an denen sie sich orientiert hat. Diese Methode hätte sie aber nicht ohne Ihre Zustimmung anwenden können. Wir meinen: Deshalb kann die Angabe der Sparkasse nur ein "Vorschlag" sein, auf den Sie aus unserer Sicht mit einem Gegenvorschlag reagieren können.

Bei einem solchem Gegenvorschlag können Sie sich von Ihrer Verbraucherzentrale unterstützen lassen.

Beratung bei den Verbraucherzentralen

Falls Ihr Bundesland in der Auflistung oben nicht dabei ist: Die Verbraucherzentrale Sachsen prüft auch bundesweit Fälle.

Eine Übersicht über die Beratungsangebote aller Verbraucherzentralen finden Sie hier.


Ich habe das Ergebnis einer unabhängigen Berechnung meiner Sparkasse vorgelegt, sie verweigert die Zahlung und…

a. ...bietet mir einen Vergleich an, mit dem ich nicht einverstanden bin. Was kann ich nun tun?

Sie könnten sich an die Schlichtungsstelle der Sparkassen beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Berlin wenden. Nähere Informationen zum Schlichtungsverfahren finden Sie unter www.dsgv.de.

Sie könnten sich außerdem an einen auf Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden und sich von diesem gegenüber der Sparkasse vertreten lassen, wenn Sie selbst nichts erreichen. Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, könnte dieser Rechtsanwalt eine Deckungsanfrage bei der Versicherung für Sie stellen. Klären Sie aber vorher, ob der Rechtsanwalt dafür ein Entgelt berechnet.

b. ...bestreitet die Richtigkeit der Berechnung.

Das ist unserer Ansicht nach ein Ablenkungsmanöver, von dem Sie sich nicht beeindrucken lassen sollten. Für die Sparkasse ist das der einfachste Weg, Ihre Forderungen pauschal abzulehnen. Auch hier gelten die weiteren Schritte wie unter a.

Sie können sich außerdem über das Verhalten der Sparkasse beschweren bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, www.bafin.de.


Die Sparkasse schlägt vor, erst noch die laufende Rechtsprechung abzuwarten und dann die Gespräche fortzusetzen. Wie ist das zu beurteilen?

Das ist grundsätzlich nicht verkehrt. Es wird aber noch eine ganze Weile dauern, bis es zu einer Klärung der Angelegenheit kommen kann. Sie sollten die Sparkasse auffordern, Ihnen gegenüber schriftlich auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Tut sie das nicht, müssen Sie die Verjährungsfrist im Auge behalten und rechtzeitig verjährungshemmende Schritte unternehmen. Näheres dazu unter der Frage "Wie lange kann ich die Zinsnachzahlung verlangen?"


Wie sind die Erfolgsaussichten zu beurteilen, dass ich die Nachzahlung verlangen kann?

Rechtlich noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, welcher Referenzzinssatz tatsächlich angemessen ist für die Zinsanpassung bei Prämiensparverträgen. Das OLG Dresden hat sich allerdings in seinen Urteilen vom 13.4.2022, Az. 5 U 1973/20 und 5 U 2438/20 zu Einzelklagen auf einen bestimmten Referenzzinssatz festgelegt. Das könnte eine Grundlage für weitere gerichtliche Entscheidungen sein.

Zum Thema Verjährung der Zinsnachforderungsansprüche hat der BGH in seinem Urteil vom 6.10.2021, Az. XI ZR 234/20 entschieden, dass die Ansprüche frühestens fällig werden, wenn der Sparvertrag beendet ist. Daraus folgt nach unserer Einschätzung, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß der §§ 195, 199 Absatz 1 BGB erst zum Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Vertrag wirksam beendet wurde.

Wenn die Sparkasse Zinsnachzahlungen ablehnt oder Sie mit einem kleinen Betrag abspeisen will, können Sie gut mit dem Urteil des BGH vom 6.10.2021 argumentieren, dass die von der Sparkasse durchgeführte Zinsanpassung mit hoher Wahrscheinlichkeit in rechtlicher Hinsicht falsch war und Sie einen Anspruch auf Zinsnachzahlung haben.

Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die eine Deckungszusage erteilt hat, empfiehlt es sich, bereits jetzt mit Hilfe eines Anwaltes gegen die Sparkasse vorzugehen.


Wie lange kann ich die Zinsnachzahlung verlangen?

Wichtig ist, dass Sie die laufende Verjährungsfrist im Auge behalten. Diese beträgt drei Jahre und beginnt nach unserer Rechtsauffassung und auch nach der Aussage des BGH frühestens zu laufen mit dem Schluss des Jahres, in dem der Sparvertrag beendet wurde. Zwischenzeitlich könnte die Verjährung gehemmt worden sein durch Verhandlungen mit der Bank über den Anspruch oder wenn Sie ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle beantragt haben. Die Zeiträume der Hemmung werden in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet, so dass sich die Verjährungsfrist insgesamt verlängert.

Wenn Sie unsicher sind, wann die Verjährungsfrist in Ihrem Fall abläuft, lassen Sie sich bei den Verbraucherzentralen oder bei einem auf Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten.

Übrigens: Wenn ein Anspruch verjährt ist, heißt das nicht, dass der Anspruch nicht mehr besteht. Er besteht noch, aber die Gegenseite kann die Einrede der Verjährung erheben. Dann kann man den Anspruch nicht mehr durchsetzen. Man kann die Sparkasse auffordern, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Wenn sie einem das schriftlich bestätigt, ohne eine zeitliche Begrenzung für den Verzicht zu setzen, muss man sich über das Thema Verjährung erst einmal keine Sorgen mehr machen.


Thema Kündigung


Die Sparkasse hat meinen Prämiensparvertrag/meine Prämiensparverträge gekündigt und ich möchte wissen, ob ich mich dagegen wehren kann.

Wenn Sie rechtliche Unterstützung bei der Bewertung Ihres Vertrages benötigen, können Sie sich an Ihre Verbraucherzentrale vor Ort wenden.

Erste Informationen zum Thema Kündigung von Prämiensparverträgen und einen Musterbrief zum Widerspruch gegen die Kündigung finden Sie hier. Das Widerspruchsschreiben stellt allerdings kein Rechtsmittel dar, sondern nur eine Stellungnahme gegenüber der Sparkasse, dass man die Kündigung für unwirksam hält.


Ich habe der Kündigung meines Prämiensparvertrages/meiner Prämiensparverträge widersprochen, aber die Sparkasse hält weiterhin an der Kündigung fest. Was kann ich tun?

Sie könnten sich an die Schlichtungsstelle der Sparkassen beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Berlin wenden. Nähere Informationen zum Schlichtungsverfahren finden Sie unter www.dsgv.de.

Wenn Sie bei der Rechtsberatung der Verbraucherzentrale erfahren haben, dass Ihre Chancen gut sind, sich gegen die Kündigung zu wehren, könnten Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden, der im Bereich des Bankrechtes berät. Dieser würde Sie gegenüber der Sparkasse vertreten, wenn Sie selbst nicht weiterkommen.

Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, könnte dieser Rechtsanwalt eine Deckungsanfrage bei der Versicherung für Sie stellen. Klären Sie aber vorher, ob der Rechtsanwalt dafür ein Entgelt berechnet.


Ich habe der Kündigung widersprochen und diskutiere mit der Sparkasse, ob die Kündigung wirksam war oder nicht. Beendet die Sparkasse dennoch den Vertrag zu dem Zeitpunkt nach der Kündigungsfrist?

Die Sparkasse wird den Vertrag als beendet ansehen und ihn "schließen". Da sie Ihnen ohne Auftrag das Geld nicht einfach überweisen darf, wird sie es auf einem nichtverzinsten Sparkonto parken. Einzahlungen auf den alten Vertrag wird sie nicht mehr annehmen.

Wenn die Sparkasse Ihnen eine Schlussabrechnung zuschickt, sollten Sie dieser vorsorglich widersprechen, sonst könnte die Sparkasse argumentieren, dass Sie diese anerkannt haben.


Die Sparkasse will mir das Guthaben auszahlen. Muss ich da mitmachen?

Nein, wenn Sie weiter gegen die Kündigung kämpfen möchten, sollten Sie sich das Sparguthaben von der Sparkasse nicht auszahlen lassen. Das können Sie erreichen, indem Sie der Sparkasse keine Bankverbindung angeben, auf die sie das Geld einzahlen soll. Dann verbleibt das Geld erst einmal bei der Sparkasse.

Sollten Sie sich dann rechtlich durchsetzen, z.B. indem Sie ein Urteil erstreiten, wonach die Kündigung unwirksam war, dann müsste die Sparkasse den Vertrag wieder rückwirkend in Gang setzen und Ihnen Prämie und Zinsen nachzahlen.


Die Kündigung meines Prämiensparvertrages liegt schon längere Zeit zurück. Ich hatte der Kündigung widersprochen und das Geld aus dem Vertrag liegt noch bei der Sparkasse. Soll ich es mir nicht langsam auszahlen lassen?

Aus taktischen Gründen wäre es besser, das Geld noch bei der Sparkasse zu belassen. Wenn Sie es sich nun dennoch auszahlen lassen möchten, sollten Sie in einem Brief an die Sparkasse deutlich machen, dass der Umstand, dass Sie sich das Geld auszahlen lassen, nicht bedeutet, dass Sie die Kündigung für wirksam halten. Außerdem sollten Sie schreiben, dass Sie sich ausdrücklich Zinsnachforderungsansprüche vorbehalten. 

Innerhalb der in der nächsten Frage angesprochenen Verjährungsfrist müssten Sie tätig werden und entscheiden, ob sie gegen die Kündigung kämpfen wollen oder nicht.


Wie lange kann ich mich gegen die Kündigung der Sparkasse wehren?

Mit unserem Musterbrief können Sie der Kündigung widersprechen. Damit drücken Sie aus, dass Sie der Meinung sind, dass die Kündigung unwirksam ist. Für diese Erklärung gibt es keine Frist. Allerdings sollten Sie diesen Brief sinnvollerweise ziemlich bald nach dem Kündigungsschreiben der Sparkasse an diese schicken. Jedenfalls vor dem von der Sparkasse genannten Beendigungstermin des Vertrages sollte Ihr Schreiben dort eingehen.

Für ein rechtliches Vorgehen gegen die Kündigung im Sinne einer Klage, haben Sie drei Jahre Zeit, beginnend ab dem Ende des Jahres, in dem aus Sicht der Sparkasse der Vertrag endet. Möchte die Sparkasse Ihren Vertrag also zum Beispiel im Jahr 2020 beenden, haben Sie bis 31.12.2023 Zeit, dagegen vor Gericht zu ziehen.

Zwischenzeitlich könnte der Lauf der Verjährungsfrist noch gehemmt worden sein durch Verhandlungen mit der Bank oder ein Schlichtungsverfahren. Dann würde sich die Verjährungsfrist insgesamt verlängern.


Die Sparkasse beruft sich auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14. Mai 2019. Ist mit weiterer Rechtsprechung zu dem Thema zu rechnen?

Der BGH hat seine allgemeine Aussage aus dem Urteil vom 14.5.2019, Az.: XI ZR 345/18 in einem Hinweisbeschluss am 18.1.2022, Az.: XI ZR 104/21 noch einmal bekräftigt, dass die Sparkasse den Prämiensparvertrag kündigen darf, wenn dieser die höchste Prämienstufe erreicht hat. Das gilt für Verträge, in denen keine Laufzeit vereinbart wurde.

Inzwischen gab es zahlreiche Klagen von Kunden gegen die Kündigung ihres Prämiensparvertrages. Zunächst einmal sind die Landgerichte die zuständige Instanz. Für Sie als Kunden ist wichtig, nach Urteilen zu sehen, die Ihre konkrete Fallkonstellation betreffen.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14.5.2019 über einen Einzelfall entschieden. Bei einem anderen Sachverhalt ist durchaus auch ein anderes Urteil denkbar.

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