Experten-Interview: Auf Inkassoforderungen richtig reagieren

Pressemitteilung vom
Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern gibt wichtige Tipps
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Zahlt ein Schuldner seine Rechnungen nicht rechtzeitig, können von ihm grundsätzlich die Kosten eines beauftragten Inkassounternehmens verlangt werden. Doch in der Branche tummeln sich auch viele schwarze Schafe. Es gibt Inkassofirmen, die mit zwielichtigen Methoden Kasse machen wollen. Sie verlangen überhöhte Gebühren oder bauen Drohkulissen auf, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Vorschnell werden Lohnpfändungen, der Besuch eines Gerichtsvollziehers oder gar ein Haftbefehl angekündigt. Verbraucher fühlen sich dadurch häufig gedrängt zu zahlen - ohne sicher zu sein, ob die Forderung überhaupt rechtmäßig ist. Tatjana Halm, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern, beantwortet häufig gestellte Fragen und gibt Tipps zum Umgang mit Inkassoforderungen.

Wie können Verbraucher ein (un)seriöses Inkassounternehmen erkennen?
Jedes in Deutschland ansässige Inkassounternehmen darf nur tätig werden, wenn es sich registriert hat. Wir empfehlen Verbrauchern, das Inkassobüro direkt unter www.rechtsdienstleistungsregister.de zu prüfen. Ist es nicht registriert, sollte man die Inkassokosten zurückweisen.

Auch die Schreiben selbst geben Hinweise auf die Seriosität eines Inkassobüros. Sie müssen darin mitteilen, wer ihr Auftraggeber ist, um welchen Vertrag es sich handelt, wann dieser abgeschlossen worden sein soll und wie sich ihre Kosten berechnen. Fehlen diese Informationen, sollte man unbedingt nachhaken. Möglicherweise wird versucht, nicht bestehende Forderungen einzutreiben. Darüber hinaus lohnt es sich aus unserer Erfahrung, einen Blick darauf zu werfen, ob das Unternehmen überhaupt noch im Auftrag des ursprünglichen Gläubigers handelt oder ob die Forderung aufgekauft wurde. Hier hat der Verbraucher die Möglichkeit, nach der Vollmacht des Auftraggebers zu fragen. Denn nur dann dürfen Inkassokosten überhaupt verlangt werden. 

Wann sind Inkassoforderung gerechtfertigt?
Voraussetzung für die Inkassokosten ist, dass die zugrunde liegende Forderung berechtigt ist. Verbraucher sollten daher prüfen, ob sie tatsächlich eine Rechnung übersehen haben. Ist dies der Fall, raten wir, diesen Betrag umgehend zu zahlen. Andernfalls empfehlen wir zu widersprechen. Auch wer tatsächlich zu spät dran ist, sollte nochmal genauer prüfen, ob die Inkassokosten wirklich zu bezahlen sind. Hierzu müsste der Gläubiger vorher erst selbst gemahnt haben. Ausreichend wäre auch, dass für die Zahlung ein genauer Zeitpunkt in der Rechnung festgelegt wurde oder ein Hinweis erfolgt ist, dass der Verbraucher spätestens nach 30 Tagen in Verzug gerät.

Welche Inkassokosten muss der Verbraucher zahlen?
Inkassobüros orientieren sich bei der Höhe ihrer Kosten an den Regelungen, die für Rechtsanwälte gelten. Das bedeutet, ausgehend vom Streitwert ergibt sich eine Gebühr, die mit einem Faktor bewertet wird. Dieser liegt je nach Aufwand und Schwere der Tätigkeit zwischen 0,5 bis 2,5. Für einen Standardfall wird die so genannte 1,3 Mittelgebühr erhoben.

Regelmäßig stellen wir fest, dass Inkassounternehmen in dieser Höhe abrechnen. Da Inkassoschreiben meist nach einem vorformulierten Muster erstellt werden und keine individuellen rechtlichen Erklärungen enthalten, ist unserer Meinung nach nur eine Gebühr von 0,5 bis 0,8 angemessen. Mehr wäre nur dann angebracht, wenn die Angelegenheit besonders umfangreich oder schwierig ist. In Zahlen würde dies bedeutet, dass bei einem Streitwert in Höhe von 25 Euro die Inkassokosten entweder 22,50 Euro (0,5) oder 58,50 Euro (1,3) betragen können.

Sind weitere Zusatzkosten gerechtfertigt?
In unserer Beratungspraxis erleben wir häufig, dass neben der Inkassogebühr noch weitere Gebühren berechnet werden. Sehr verbreitet sind zum Beispiel die „Kontoführungsgebühr“, die „Titulierungsvergütung“ oder die „Reaktivierungsgebühr“. Diese sind unzulässig und sollten zurückgewiesen werde. Auch die „Ermittlungsgebühr“ für eine angebliche Adressermittlung nehmen wir regelmäßig wahr. Gab es keinen Anlass für eine Adressermittlung, weil die Adresse sich nicht geändert hatte, dann raten wir dazu, diese nicht zu bezahlen.

Wie können sich betroffene Verbraucher zur Wehr setzen?
Ist die Forderung nicht berechtigt, fehlt dem Unternehmen eine Registrierung oder sind Gebühren unzulässig, sollte der Verbraucher dringend reagieren. Wir raten, dem Inkassounternehmen schriftlich darzulegen, aus welchen Gründen man nicht bereit ist, die Forderung zu bezahlen. Auf unserer Homepage bieten wir hierfür einen Inkasso-Check an. Damit kann man seine Forderung prüfen und sich einen passenden Musterbrief ausdrucken. Wer sich nicht sicher ist, kann sich auch an unser Online-Beratungsangebot oder unsere Beratungsstellen wenden.

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.

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