Verbraucherzentralen werten 1.100 Beschwerden aus
Inkassobriefe sind überwiegend standardisiert und bestehen aus vorformulierten Textbausteinen. Dennoch verlangen Inkassodienste für ihre Schreiben oft unverhältnismäßig hohe Gebühren. Das ist das Ergebnis einer bundesweiten Aktion der Verbraucherzentralen. Von März bis Ende Juni 2016 wurden 1.100 Verbraucherbeschwerden zu Inkassodiensten ausgewertet. Gezielt stand die Gebührenpraxis auf dem Prüfstand. "Bei 66 Prozent der Fälle spiegelten die geforderten Beträge in keiner Weise den konkreten Aufwand wider", sagt Tatjana Halm, Juristin der Verbraucherzentrale Bayern. Die Verbraucherschützer fordern eine klare Regelung, was Inkassodienste konkret abrechnen dürfen. "Nur so können willkürliche und überhöhte Forderungen verhindert werden", so Tatjana Halm.
Beauftragt der Gläubiger ein Inkassounternehmen, seine Forderung bei dem säumigen Schuldner einzuziehen, kann er diese Kosten ersetzt verlangen. Die Inkassodienstleister orientieren sich dabei am Gebührenrahmen von Rechtsanwälten. Je höher der Gebührensatz ist, desto mehr kann abgerechnet werden. Bei einem durchschnittlich anspruchsvollen Fall können Rechtsanwälte beispielsweise einen 1,3-fachen Satz verlangen. Bei einem routinemäßigen Erstschreiben wäre allerdings regemäßig nur ein 0,3-facher, in manchen Fällen bis 0,8-facher Satz zulässig. "Obwohl Inkassoschreiben meist einfach und standardisiert sind, wird oftmals eine weitaus höhere Gebühr von etwa 1,1 bis 1,3 angesetzt", sagt Tatjana Halm. "Das ist unverhältnismäßig und kann für Verbraucher schnell teuer werden."
Die Verbraucherzentralen machten noch weitere Kostentreiber ausfindig. Immer wieder stellen Inkassodienste Phantasiegebühren wie eine Reaktivierungs- oder eine Vernunftsappellgebühr in Rechnung. Oft wird neben einem zuvor beauftragten Inkassodienst zusätzlich ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit aktiv. "Beide erheben dann Gebühren, die der Verbraucher zahlen soll", kritisiert Tatjana Halm. Verbraucher, die Fragen zu Inkassoforderungen haben, finden Informationen und Hilfe bei den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Bayern und auf www.verbraucherzentrale-bayern.de.