Das Wichtigste in Kürze:
- Facebook und Instagram können ohne Werbung genutzt werden – für mindestens 9,99 Euro im Monat.
- Das Bezahlen verhindert jedoch nicht, dass weiterhin personenbezogene Daten für weitere Zwecke auch kommerziell genutzt werden.
- Die Verbraucherzentrale NRW geht in mehreren Punkten rechtlich gegen den Betreiberkonzern Meta vor.
- In einem neuen Gerichtsverfahren soll nun geklärt werden, ob das Prinzip "Zahl mit Geld oder deinen Daten" (pay or consent) von Meta so zulässig ist.
"Triff eine Auswahl zum Thema Werbung": Diese Anzeige dürfte seit Anfang November bei jedem Mitglied der Netzwerke Facebook und Instagram in Europa erschienen sein. Wer mindestens 9,99 Euro im Monat bezahlt, bekommt vom Betreiber Meta folgendes Versprechen: "Wir verwenden deine Informationen dann nicht, um dir Werbung zu zeigen." Wer nicht zahlen möchte, bekommt weiterhin personalisierte Werbung angezeigt. Die Daten dafür sammeln Facebook und Instagram unter anderem aus dem Nutzungsverhalten ihrer Mitglieder. Das passiert allerdings auch, wenn man bezahlt. Meta schreibt in einer Erklärung zum kostenpflichtigen Angebot (aus dem Englischen übersetzt): "Während das Abo läuft, werden die Nutzerinformationen nicht für Werbung genutzt." Mit anderen Worten: "Für andere Zwecke schon."
Erstes Verfahren: Bestellbuttons
Wir gehen gegen mehrere Rechtsverstöße der Meta Platforms Ireland Limited im Zusammenhang mit dem Abomodell vor. Im ersten Verfahren gab es bereits einen Erfolg: Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat bestätigt, dass die Bestellbuttons auf den Internetseiten und in den Apps für die Betriebssysteme iOS und Android gegen deutsches Recht verstoßen (8. Februar 2024, Az. I-20 UKl- 4/23, rechtskräftig). Das Gesetz schreibt vor, dass Schaltflächen zum Bestellen kostenpflichtiger Waren oder Dienstleistungen eindeutig beschriftet sein müssen, zum Beispiel mit den Worten "Zahlungspflichtig bestellen" (§ 312j BGB) und deutlich machen, dass mit Klick ein Vertrag geschlossen wird. Beides muss sich bereits aus der Beschriftung der Buttons selbst ergeben, unabhängig davon ob sich diese Informationen auch aus dem weiteren Bestellprozess entnehmen lassen. Metas "Abonnieren" und "weiter zur Zahlung" reichten nicht aus.
Meta musste daraufhin die Buttons rechtmäßig beschriften. Ein fehlerhafter Button führt laut Gesetz zu keinem wirksamen Vertrag, und aus unserer Sicht muss nicht gezahlt werden, wenn darüber das Abo "abgeschlossen" wurde.
Zweites Verfahren: Freiwillige Einwilligung
Außerdem holt Meta nach unserer Auffassung keine wirksame Einwilligung in die Datennutzung zu Werbezwecken ein, wenn man nicht bezahlt. Deshalb haben wir den Konzern wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Dezember 2023 abgemahnt. Weil er keine Unterlassungserklärung abgegeben hat, geht es auch in dieser Angelegenheit wieder vor Gericht. Die Unterlassungsklage haben wir am 2. Mai 2024 beim Oberlandesgericht Köln eingereicht. Wir kritisieren:
- Datensammlung. Von ihr kann man sich durch das Abo nicht "freikaufen". Meta kann weiterhin erfassen und speichern, was man auf Facebook und Instagram macht und damit ein umfassendes Nutzer-Profil erstellen. Auch was man auf anderen Internetseiten macht oder welche Apps man sonst noch auf dem Smartphone installiert hat und nutzt, kann Meta oft nachvollziehen. Die Daten kann das Unternehmen für andere Zwecke verwenden, z.B. für die Personalisierung von Inhalten (also um auszuwählen, welche Beiträge man auf seiner Timeline sieht) oder zu Forschungszwecken. Das heißt, die Daten werden trotzdem kommerziell genutzt. Und was passiert mit den Erkenntnissen, wenn man das Abo beendet?
- Weitergabe von Daten an Partner von Meta. Unternehmen, die Analysedienste von Meta verwenden, erhalten umfangreiche Informationen darüber, wie Nutzer:innen mit deren Inhalten oder Diensten interagieren. Diese Informationen können sie für eigene Zwecke nutzen. Das gilt auch für Daten von Menschen, die sich für ein Abo-Modell entscheiden.
- Freiwilligkeit. Menschen müssen vollständig darüber informiert werden, welche ihrer Daten gesammelt werden, wie das geschieht und was damit geschieht. Dem können sie dann freiwillig zustimmen. Aber kann eine Zustimmung freiwillig sein, wenn es sich um eines der größten sozialen Netzwerke handelt, das jahrelangen Mitgliedern nun nur die Wahl lässt zwischen personalisierter Werbung oder mindestens 120 Euro pro Jahr?
Das Abo von Facebook und Instagram
Meta bietet die kostenpflichtige Mitgliedschaft für 9,99 Euro monatlich an, wenn man sie auf der Internetseite facebook.com abschließt. Bei Abschluss in einer App auf einem Smartphone mit den Betriebssystemen Android und iOS sind es monatlich 12,99 Euro. Den Unterschied begründet Meta mit Gebühren, die Google und Apple zusätzlich erheben würden. Bis März 2024 galt der monatliche Preis komplett für alle Facebook- und Instagram-Konten in derselben Kontoübersicht. Seitdem ist nur ein Konto im Preis enthalten, für jedes weitere kommen 6 Euro (bei Abschluss auf facebook.com) oder 8 Euro (bei Abschluss über den App- Store oder Play-Store) hinzu.
Werbeerlöse sind die Haupteinnahmequelle für Meta: 33,6 Milliarden US-Dollar gibt das Unternehmen von Juli bis September 2023 an, rund 7,7 Milliarden davon kommen aus Europa. "Wir respektieren jedoch den Geist und Zweck der sich weiterentwickelnden europäischen Vorschriften und verpflichten uns zu deren Einhaltung", schreibt der Konzern in der Erklärung zur Einführung der Bezahl-Optionen. Meta reagiert mit seinem Abo-Modell also auf jahrelange Streits mit europäischen Datenschutzbehörden. Allerdings sind die durch diese Maßnahme keinesfalls beigelegt.