Weil Einwegbecher die Umwelt belasten, greifen viele zu Mehrwegbechern aus einem Mix aus Kunststoff- und Bambus-, Reis-, Weizenfasern oder Maisstärke als Füllstoff. Aber auch damit sind Sie schlecht beraten: Die Produkte sind potenziell gesundheitsschädlich und ihr Verkauf unzulässig.
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Das Wichtigste in Kürze:
- Sie sollten Kunststoffgeschirr mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern nicht weiter für Lebensmittel und Getränke verwenden.
- Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Verbraucherzentralen fordern einen bundesweiten, öffentlichen Rückruf der unzulässigen Produkte.
- Lesen Sie hier, was Sie tun können, um zu helfen.
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Das Problem mit den Bambusbechern ist schon seit einiger Zeit bekannt. Bereits 2014 meldete das CVUA Stuttgart Grenzwertüberschreitungen bei solchen Produkten. Im Juli 2019 zeigte auch ein Test der Stiftung Warentest, dass bei den meisten To-Go-Bechern mit Bambusanteil Schadstoffe in Getränke übergehen. Dennoch werden Bambusbecher und anderes Kunststoffgeschirr aus Bambus-, Reis- oder Weizenfasern vor allem online weiterhin verkauft.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen fordern daher Behörden und die Bundesregierung auf, Verbraucher:innen besser zu informieren und die Produkte öffentlich und flächendeckend zurückzurufen. Produkte aus reinem Bambus wie Schneidebretter oder Essstäbchen sind von dieser Regelung nicht betroffen, sondern nur Gemische aus Kunststoff und Bambus beziehungsweise bestimmten anderen natürlichen Bestandteilen.
Das können Sie tun
Auch Sie können dabei helfen, dass Problem sichtbarer zu machen. Denken Sie aber natürlich zunächst auch an Ihre eigene Gesundheit.
Benutzen Sie die Produkte nicht weiter!
Sollten Sie Kunststoffprodukte mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern haben, benutzen Sie diese nicht weiter – zumindest nicht für den Gebrauch mit Lebensmitteln. Schauen Sie sich beispielweise nach To-Go-Mehrwegbechern aus Edelstahl um.
Informieren Sie Freunde und Bekannte
Die Nutzung des Geschirrs ist weitverbreitet. Lassen Sie auch Ihren Umkreis wissen, dass solches Kunststoff-Naturfaser-Mix-Geschirr potenziell schädlich sein kann.
Melden Sie Produkte, die noch zum Verkauf stehen
Wenn Sie im Handel Produkte finden, die aus einem Kunststoffgemisch mit Bambus-, Reis oder Weizenfasern oder Maisstärke bestehen, melden Sie diese zunächst beim Geschäft selbst. Informieren Sie im Zweifel auch die zuständige Lebensmittelüberwachung.
Potenziell schädliches Kunststoffgeschirr weiterhin im Umlauf
Ende des Jahres 2020 haben die meisten Überwachungsbehörden begonnen, die Produktgruppe vom Markt zu nehmen. Allerdings ist dieser Prozess immer noch nicht abgeschlossen. Auch eine vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geplante Recherche zu Bambusgeschirr im Online-Handel wurde 2020 pausiert und bisher nicht wieder aufgenommen. Das heißt: Die potenziell schädlichen Produkte sind weiterhin in Geschäften oder im Internet erhältlich.
„Es ist ein Skandal, dass der Handel Verbraucher:innen weiterhin illegales und potenziell krebserregendes Plastik-Geschirr mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern anbietet. Der Bundesregierung und den Bundesländern ist spätestens seit Juni 2020 bekannt, dass der Verkauf illegal ist. Es gibt bisher weder einen bundesweiten Rückruf der betroffenen Produkte noch klare öffentliche Informationen dazu. Das ist ein Versäumnis, das die Gesundheit der Verbraucher:innen gefährdet. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sollte schnellstens koordinierend tätig werden,“ sagt Klaus Müller, vzbv-Vorstand.
Forderung des vzbv und der Verbraucherzentralen: Flächendeckende Rückrufe
Um Verbraucher:innen bestmöglich vor den möglichen gesundheitlichen Schäden zu bewahren, fordern der vzbv und die Verbraucherzentralen den flächendeckenden Rückruf des Kunststoffgeschirrs mit Naturfasern. Unternehmen, die Bambusbecher und Co. anbieten, sollten diese schnellstmöglich aus dem Sortiment nehmen und ihre Kund:innen deutlich über den Rückruf informieren. Rückrufinformationen sollten gut sichtbar ausgehängt werden. Auch die Bundesregierung sollte den Behörden klare Handlungsvorgaben für die Durchführung von Rückrufen zur Verfügung stellen. Weitere Informationen zu den Forderungen finden Sie in der Pressemitteilung des vzbv.
Hintergrund: Nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen und dennoch verkauft
Seit Jahren beanstanden voneinander unabhängige Institutionen die potenziell schädlichen Eigenschaften von Plastikgeschirr mit Naturfaserbeimischung. Denn:
- Kunststoffprodukte mit Bambusbeimischung setzen bei Kontakt mit heißen Getränken und Speisen potenziell krebserregendes Formaldehyd und Melamin, das die Nieren schädigen kann, frei.
- Untersuchungsämter wie das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt in Stuttgart berichten seit dem Jahr 2014 regelmäßig über bedenkliche Grenzwertüberschreitungen in Bambus-Kunststoff-Geschirr.
- Das Bambusgeschirr ist nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen und darf deshalb eigentlich nicht verkauft werden.